Über den guten Ruf – und somit im schlimmsten Fall die Existenz von Unternehmen und Personen – entscheidet in der heutigen Zeit die Stimmung im Netz. Gerade in den sozialen Netzwerken wird entschieden, ob diese Stimmung wohlwollend oder zerstörerisch ist. Ein Shitstorm kann plötzlich losbrechen und ist von einzelnen Menschen nur schwer wieder zu stoppen. Vor allem dann nicht, wenn innerhalb von Minuten tausendfach gepostet, geliked oder geteilt wird. Das Perfide an der Sache ist, dass es längst nicht mehr Menschen sind, die die Hoheit über Diskussionen und damit die öffentliche Meinung im Netz haben. Bei Millionen der digitalen Meinungsmachern handelt es sich um Maschinen – um sogenannte Social Bots – und ihre Zahl wird in Zukunft rasant ansteigen!
Bots – die freundlichen Helfer im Smartphone
Bei Bots (Kurzform für Robots) handelt es sich um Computerprogramme, die sich wiederholende Abläufe selbstständig ausführen und dabei durch Deeplearning in der Lage sind, ihr Verhaltensspektrum ständig zu erweitern. Die Aufgabe dieser Bots ist die selbstständige Interaktion mit anderen Nutzern.
Viele dieser Programme sind heute bereits in unserem Alltag im Einsatz. Ihre Hauptaufgabe ist es in Chats mit Kunden zu interagieren, um ihre Fragen zu beantworten oder ihnen Informationen zu liefern. So gibt es Airlines, die Bots einsetzen, um ihre Passagiere über Verspätungen und Boardingzeiten zu informieren. Pizzabestellungen können beim Chatbot aufgegeben werden und Kundenanfragen werden von digitalen Gesprächspartnern per Facebook-Messenger beantwortet.
Bei dieser Form der Bots handelt es sich noch um stark schlüsselwort- und regelbasierte Programme, doch diese werden ständig weiter entwickelt. Das Ziel der derzeitigen Entwicklungen sind selbstlernende Systeme, die permanent die Aktionen und Reaktionen der anderen Nutzer speichern und auswerten. Somit können anhand der verfügbaren Informationen auch komplexe Probleme gelöst und die Kommunikation mit realen Menschen täuschend echt simuliert werden. Das Ziel der Entwicklung sind digitale Softwareagenten, die in der Lage sind autonom zu handeln, proaktiv Aktionen auszuführen und dabei auch mit anderen Agenten zu kommunizieren.
Was sind Social Bots – die feindliche Armee in den sozialen Medien
Eine besondere Form der Bots sind Social Bots, deren Revier die sozialen Medien sind. Ihre Aufgabe ist es das Verhalten von Nutzern zu imitieren und in sozialen Netzwerken zu posten, zu liken, zu folgen und entfolgen und zu kommentieren. Ihr Verhalten lernen sie dabei von den anderen Nutzern. Da die Kommunikation in sozialen Netzwerken sehr schlicht ist, ist es bereits jetzt möglich, das reale Nutzerverhalten täuschend echt zu simulieren. Somit ist es auf den ersten Blick nahezu unmöglich einen Bot von einem realen Nutzer zu unterscheiden.
Perfide dabei ist, dass die Botschaften zuvor definiert wurden und so gezielt Meinungen subversiv in den laufenden Diskurs eingebracht werden können. Auf die Art und Weise kann die Stimmung gezielt manipuliert werden. Werden die Bots erstmal tausendfach losgelassen, können sie unkontrolliert abertausendfach die sozialen Netzwerke fluten und Shitstorms ganz neuer Größenordnung auslösen. Sie verbreiten Fake-News, Falschbehauptungen und Verleumdungen und sind somit in der Lage, fast jedes Opfer reputativ zu zerstören. Dabei hetzten sie immer schneller, ohne jedes Mitleid, Tag und Nacht, sodass es für die Betroffenen kaum möglich ist dagegen anzukommen und ihren Ruf zu retten.
Bereits jetzt sind Millionen Social-Media-Accounts maschinell gesteuert, Tendenz steigend. Die Bots sind sehr aktiv und tauschen sich rege aus – auch untereinander. Dabei geht es längst nicht mehr um den Austausch von Argumenten, sondern um ferngesteuerte Emotionen. Und dabei zählt Quantität, statt Qualität, denn Masse gibt die Aufmerksamkeit, die gesellschaftliche Gruppen brauchen. Politik, Öffentlichkeit und Presse reagieren stets nach demselben Muster. Was wahr ist entscheidet in den sozialen Medien allein die Stimmung. Es gilt: Mehrheit statt Wahrheit.
Social Bots – Kenne Deinen Feind
Social Bots sind gefährlich, doch es gibt Gegenstrategien. Um sich gegen ihre Angriffe verteidigen zu können ist es zunächst unerlässlich, sie als Roboter zu entlarven. Doch wie erkennt man, ob es sich bei einem Nutzer um eine reale Person oder einen Bot handelt?
Es gibt einige Indizien, die auf einen digitalen Mitläufer hinweisen und Nutzer skeptisch werden lassen sollten. Bei einem unbekannten Nutzer lohnt sich ein Blick auf den Account. Schreibt der vermeintliche Nutzer nur über ein Thema und das tausendfach, ist Vorsicht geboten. Insbesondere wenn die Postings sowie die Nutzerbeschreibung teils dadaistisch anmutende Züge haben. Auch die Frequenz und Häufigkeit der Kommentare können Aufschluss geben. Wenn Kommentare, Likes und Posts in massiver Häufigkeit auftreten und das Tag und Nacht, liegt der Verdacht nahe, dass es sich bei dem Account um eine vorprogrammierte Fake-News-Schleuder handelt. Zuletzt lohnt sich auch ein Blick in die Freundesliste. Sehen Follower und Freunde eher wie „digitale Zombies“ als wie richtige Menschen aus, ist immer Vorsicht geboten.
Aktuell entwickeln US-Forscher ein Programm, dass diese Analysen selbstständig bei Millionen von Bots gleichzeitig durchführen kann, sodass eine Großzahl von ihnen zuverlässig erkannt werden kann. Die Funktionsweise dieses Programms ist der der Bots dabei sehr ähnlich – es analysiert und lernt quasi genauso wie sie.
Doch was tun, wenn man die Bots erkannt hat? Die wirkungsvollste Waffe ist wie so häufig die Aufklärung; zu wissen, dass der Account von vorprogrammierten Angreifern attackiert wird ist viel wert. Um eine solche Attacke frühzeitig zu erkennen ist ein kontinuierliches und engmaschiges Monitoring entscheidend. Hat man einen Botangriff frühzeitig erkannt, ist der nächste Schritt die Posts samt Accounts zu melden und sperren zu lassen. Leider ist dies zurzeit noch ein Kampf gegen Windmühlen, da die Betreiber der Bot-Netze meist in Ländern fernab rechtlicher Bestimmungen sitzen.
Da ein Vorgehen sehr schwierig und ressourcenaufwändig ist, sobald man Opfer eines Angriffs geworden ist, ist Prävention immer noch das Mittel der Wahl. Auf eine Krise, egal ob durch Bots oder Menschen ausgelöst, kann man vorbereitet sein. Ein Schutzwall aus positiven, starken und selbstbestimmten Inhalten im Netz ist die stärkste Verteidigung. Ein Social-Media Training kann einem die Waffen an die Hand geben, die man benötigt, um seine Reputation wirksam gegen jeden Angriff zu schützen. Egal ob er von Menschen oder Maschinen ausgeführt wird.
Quellenangaben
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