Die Notaufnahme ist voll, die Wartezeiten lang, die Stimmung angespannt. Ein Patient schreit, Angehörige drohen, Pflegekräfte weichen zurück. Was früher Ausnahme war, ist heute vielerorts Alltag: Gewalt gegen medizinisches Personal in deutschen Krankenhäusern nimmt dramatisch zu – verbal, psychisch und körperlich.
Eine aktuelle Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) zeigt ein erschreckendes Bild:
73 Prozent der Krankenhäuser berichten von einem Anstieg gewalttätiger Übergriffe in den letzten fünf Jahren, davon 20 Prozent sogar von einem deutlichen Anstieg. Besonders betroffen sind die Pflegedienste (80 %) und die Notaufnahmen (50 %).
Die Ursachen sind vielfältig:
Respektverlust gegenüber Klinikpersonal, Übergriffe unter Alkohol- oder Schmerzmittelwirkung, psychische Erkrankungen, aber auch strukturelle Probleme wie überlange Wartezeiten und eine überforderte Notfallversorgung. 40 Prozent der Kliniken nennen Wartezeiten als Hauptauslöser für Eskalationen.
Die Folgen sind gravierend:
24 Prozent der Kliniken berichten von Kündigungen als direkte Folge von Gewalt, viele Beschäftigte leiden unter psychischen Belastungen, einige wechseln sogar den Beruf. Die Dunkelziffer ist hoch – viele Übergriffe werden nicht gemeldet, sondern als „Teil des Berufs“ hingenommen.
Doch das darf nicht sein.
Recht auf Schutz – Pflicht zur Prävention
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) hat mit dem Übereinkommen Nr. 190 ein klares Zeichen gesetzt: Jeder Mensch hat das Recht auf einen gewaltfreien Arbeitsplatz. Deutschland hat dieses Übereinkommen ratifiziert – seit Juni 2024 ist es geltendes Recht.
Arbeitgeber sind damit verpflichtet, ein Bedrohungsmanagement zu etablieren, das Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz systematisch verhindert und aufklärt.
Das bedeutet:
Kliniken müssen nicht nur reagieren, sondern präventiv handeln.
Dazu gehören:
- Deeskalationstrainings
- Notfall- und Nachsorgekonzepte
- bauliche Schutzmaßnahmen
- psychologische Erstbetreuung
- klare Meldewege und Dokumentation
I-GSK: Hilfe für die Helfenden
Als Leiter des Instituts für Gewaltprävention, Stress-, Krisen- und Bedrohungsmanagement (I-GSK GmbH) weiß ich: Prävention beginnt mit Haltung – und mit konkreten Angeboten. Unser Institut unterstützt Kliniken und Pflegeeinrichtungen mit:
- praxisnahen Deeskalationstrainings
- Selbstschutz- und Kommunikationstrainings
- Beratung beim Aufbau eines Bedrohungsmanagements
- psychologischer Nachsorge und Coaching
Wir helfen den Helfenden – damit sie sicher helfen können. Denn wer sich selbst nicht sicher fühlt, kann anderen nicht sicher begegnen.
Mehr Informationen und individuelle Beratung unter: www.i-gsk.de
Ein Appell an Gesellschaft und Politik
Gewalt gegen Krankenhauspersonal ist kein Betriebsrisiko – sie ist Ausdruck gesellschaftlicher Schieflagen. Wer helfen will, muss früh ansetzen: bei der Patientensteuerung, der Gesundheitskompetenz, der politischen Verantwortung. Es braucht eine gesamtgesellschaftliche Debatte – und konsequentes Handeln.
Quellenangaben
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