US-amerikanische Atom-U-Boote als Mittel der Abschreckung

US-amerikanische Atom-U-Boote als Mittel der Abschreckung

Der US-Präsident demonstrierte mit der Verlegung von Atom-U-Booten gegenüber Russland die Rhetorik der Abschreckung. Ähnlich wie die wiederholten Drohungen des Präsidenten der Russischen Föderation zum Einsatz von Nuklearwaffen wird die Deutungshoheit über den aktuellen Diskurs gesucht, die auf die Beeinflussung geopolitischer Akteure zielt. Mit Erfolg – betrachtet man die große Berichterstattung und Verdrängung anderer Themen. Kern der Strategie zur Abschreckung ist die sogenannte nukleare Triade: Die Vereinigten Staaten wie auch Russland sichern ihre nukleare Schlagkraft über drei Trägersysteme ab. 

  1. Interkontinentalraketen (ICBMs) – landgestützt, in Silos stationiert;
  2. Strategische Bomber – luftgestützt, flexibel einsetzbar
  3. U-Boot-gestützte ballistische Raketen (SLBMs) – mobil, verdeckt, schwer zu orten

Die US Navy betreibt 14 U-Boot-Einheiten mit jeweils zwei Crews. Sie patrouillieren nach einem streng geheimen Einsatzplan dort, wo sie schwer entdeckbar sind und strategische Ziele weltweit erreichen können. So wird durchgängig die nukleare Abschreckung aufrechterhalten, auch nach einem Erstschlag eines Gegners (second-strike capability). Die Vereinigten Staaten betreiben ausschließlich atomgetriebene U-Boote – der Begriff „Atom-U-Boot“ bezieht sich auf den Antrieb, nicht auf die Bewaffnung. Unter diesen unterscheiden sich zwei Haupttypen:

  • Ship Submersible Ballistic Nuclear (SSBN), strategische U-Boote, bewaffnet mit Interkontinentalraketen mit Nuklearsprengköpfen
  • Ship Submersible Nuclear (SSN), Jagd-U-Boote mit konventioneller Bewaffnung (z. B. Torpedos, Marschflugkörper), primär zur Jagd auf gegnerische U-Boote und Schiffe sowie zur Bekämpfung von Landzielen

Im aktuellen Kontext kann die Ankündigung des US- Präsidenten Folgendes meinen:

  1. Bereits vorpositionierte SSBNs, die die US-amerikanische Zweitschlagsfähigkeit im Rahmen der nuklearen Abschreckung kontinuierlich gewährleisten;
  2. Die zusätzliche Entsendung von zwei SSBNs, die eine Verstärkung dieser Abschreckungs-fähigkeit darstellen könnten;
  3. Die Verlegung von zwei SSNs, ausgerüstet mit konventionellen Marschflugkörpern – als Signaleinsatz unterhalb der nuklearen Schwelle, aber mit klarer strategischer Wirkung.

In allen Fällen bleibt das Bedrohungspotenzial gleich. Entweder sind diese in die Operationsgebiete (Bastion) der russischen strategischen U-Boote eingedrungen oder sie sind auf eine Position gegangen, von der aus sie Ziele mit Marschflugkörpern über 1000 km bekämpfen können. Am wahrscheinlichsten sprach der US-Präsident über Atom-U-Boote mit konventionellen Marschflugkörpern zur Landzielbekämpfung (Tomahawk). Jagd-U-Boote (SSN), die auf Station gehen, um dem Gegner die Zweitschlagfähigkeit zu nehmen, würden nicht öffentlich angekündigt werden.

Da der US-Präsident von zwei Booten sprach und die Jagd-U-Boote mit nur jeweils 12 Marschflugkörpern ausgestattet sind, könnte es sich bei den Booten um umgebaute strategische Boote (SSGN) der Ohio-Klasse handeln, die mit jeweils 156 Tomahawk über eine hohe Feuerkraft verfügen. Wenn diese in Position sind, um taktische Ziele wie Luftverteidigungsstellen, Flottenbasen, Kommandozentren etc. zu bekämpfen, könnte dies von der US-Administration, falls eine Intention dahinterstand, als Zeichen der Stärke und der Eskalationsdominanz unterhalb der strategischen Schwelle gewertet werden.

Quellen:
Titelbild von Vipula – stock.adobe.com (generiert mit KI)

Über den Autor

Kai Oliver Nickelsdorf, Fregattenkapitän der Deutschen Marine, ist seit dem 2. Oktober 2024 Kommandeur des 1. Ubootgeschwaders mit Sitz in Eckernförde, das der Einsatzflottille 1 untersteht.
Platzhalter Autor
FKpt Kai Nickelsdorf
Kommandeur 1. Ubootgeschwader

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