Drei Fragen an Generalmajor Erich Pfeffer

Drei Fragen an Generalmajor Erich PfefferWie entwickelt sich Afghanistan mit Unterstützung der ISAF-Kommandos? Was ist von der hierzulande geäußerten Kritik am Vorgehen der ausländischen Truppen am Hindukusch zu halten? Rolf Tophoven befragte dazu Generalmajor Erich Pfeffer, Kommandeur des ISAF-Regionalkommandos Nord.

Frage 1: Herr General, was sagen Sie den "Gutmenschen" wie Frau Dr. Käßmann, die sagen "Nichts ist gut in Afghanistan"?

Aus meiner Sicht verbietet die regionale Unterschiedlichkeit der Lage und Lageentwicklung in Afghanistan jegliche Pauschalurteile. Seit über einem Jahr hat sich die Sicherheitslage in Nordafghanistan kontinuierlich verbessert. Auf den Hauptrouten des Nordens fließt der Verkehr, übrigens auf geteerten Straßen. Mazar-e Sharif, die größte Stadt Nordafghanistans, wächst und pulsiert. In allen neun Provinzen des Nordens haben die afghanischen Sicherheitskräfte praktisch die Führung der Planung und Durchführung der Sicherheitsaufgaben übernommen. In sechs Provinzen hat bereits die Polizei die Führungsrolle. Der Schwerpunkt meiner ISAF-Kräfte liegt in der Beratung und Unterstützung und konzentriert sich dabei im Schwerpunkt auf noch drei Provinzen. Natürlich gibt es noch viele Probleme und Herausforderungen, die es zu lösen gilt. Aber es gibt sehr wohl Gutes in Afghanistan.

Frage 2: Was sagen Sie den Menschen in Deutschland, die sagen "Afghanistan war ein Debakel"?

Der größte Fehler, den aus meiner Sicht viele noch heute machen, wenn sie Afghanistan betrachten, ist es, deutsche oder europäische Maßstäbe und Erwartungshaltungen anzulegen. Viele haben mittlerweile gelernt, dass in Afghanistan nur afghanische Lösungen, die für uns akzeptabel sind, zum Erfolg führen. Zudem muss man immer die Ausgangsbasis für das Engagement der Internationalen Gemeinschaft berücksichtigen: eines der ärmsten Länder der Welt mit einer extremen hohen Analphabetenrate.

Wenn man sich diese Ausgangsbasis vergegenwärtigt und mit offenen Augen wahrnimmt, was in den vergangenen zehn Jahren alles erreicht wurde, so ist dies mehr als bemerkenswert.

Frage 3: Was sagen Sie den Skeptikern, die sagen, nach dem Abzug der ISAF-Kontingente versinkt das Land wieder im Chaos und wird ein neuer Biotop des Terrorismus?

In Nordafghanistan gibt es seit mehr als einem Jahr zwei sich kontinuierlich verstetigende, positive Entwicklungslinien: die zunehmende Verbesserung der Sicherheitslage und die sukzessive Steigerung der Qualität der afghanischen Sicherheitskräfte. Wir setzen gemeinsam mit unseren afghanischen Partnern alles daran, im Schulterschluss mit der Bevölkerung diese Trends weiter auszubauen, sodass die vollständige und stabile Übernahme der Sicherheitsaufgabe durch die afghanischen Sicherheitskräfte bis Ende 2014 erreicht werden kann. Natürlich gibt es keine Garantie und wir müssen auch mit vereinzelten Rückschlägen rechnen, aber ich bin genauso wie meine afghanischen Partner zuversichtlich, dass uns das gelingen wird.

Die Fragen stellte Rolf Tophoven, Direktor des IFTUS – Institut für Krisenprävention.

Foto: Generalmajor Erich Pfeffer (links) empfing Rolf Tophoven zum Interview in Mazar-e Sharif.

Rolf Tophoven
Rolf Tophoven leitet das Institut für Krisenprävention (IFTUS) in Essen, früher Institut für Terrorismusforschung und Sicherheitspolitik. Schwerpunkt seiner journalistischen und wissenschaftlichen Tätigkeit sind der Nahostkonflikt sowie der nationale, internationale und islamistische Terrorismus. Kontakt: E-Mail: info@iftus.de
Scroll to top