Drei Fragen an den Innenminister von NRW Ralf Jäger

Drei Fragen an den Innenminister von NRW Ralf JägerRalf Jäger ist seit Juli 2010 Minister für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen. In sein Ressort fällt die Zuständigkeit für Sicherheit bei Großveranstaltungen. Der gebürtige Duisburger gehört seit 2000 dem NRW-Landtag an. Im Jahr 2004 wurde er stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion und in dieser Funktion zuständig für die Bereiche Innen-, Rechts- und Kommunalpolitik.

Frage 1: Herr Minister, wollen Sie die Vereine der Bundesliga zur Kasse bitten, wenn das Sicherheitskonzept von DFL und DFB zur Abwehr der Krawalle in den Stadien nicht greift?

Meine Innenministerkollegen und ich haben klare Forderungen an die Vereine und Verbände gestellt. Die Sicherheit muss verbessert und die Fanarbeit ausgebaut werden. DFB, DFL und die Vereine arbeiten derzeit an der Umsetzung unserer Forderung. Das von der DFL mit den Vereinen vereinbarte Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“ ist dabei ein Baustein und ein Schritt in die richtige Richtung. Entscheidend wird sein, dass die erarbeiteten und geplanten Maßnahmen auch flächendeckend umgesetzt werden.

Die Vereine müssen erkennen, dass ihre Verantwortung nicht erst am Drehkreuz beginnt sondern über das eigene Stadion hinausgeht. In den nächsten vier Jahren wird eine Rekordsumme von 2,4 Milliarden Euro an TV-Geldern ausgeschüttet. Ein Teil davon sollte den Vereinen und den Verbänden die Sicherheit der Fans wert sein. Es ist wichtig, dass sie sich klar von Straftätern distanzieren und die Fanarbeit deutlich ausbauen.

Ich bin selbst regelmäßig im Stadion und finde unsere Fußballkultur großartig. Echte Fußballfans begeistern mit tollen, farbenfrohen und originellen Choreografien, Randalierer und Böllerwerfer stehen da klar im Abseits. Es kann nicht sein, dass uns solche Chaoten die Freude am Fußball kaputt machen. Deshalb muss die Maxime gerade für die Vereine sein: Wer randaliert, sieht das Spiel nicht.

Mir ist klar, dass mehr Sicherheit in und um die Stadien nicht mal eben so erreicht werden kann. Dafür brauchen wir einen langen Atem. Aber wir bleiben am Ball. Mit DFB und DFL ist vereinbart, dass sie mir und meinen Kollegen im Frühjahr berichten, was sie erreicht haben und welche weiteren Schritte geplant sind. Dann werden wir Bilanz ziehen. Klar ist: Mit etwas Kosmetik geben wir uns nicht zufrieden. Wir wollen nachhaltige Verbesserungen.

Frage 2: Wie können Sie als verantwortlicher Innenminister eigentlich noch Ihre Polizeibeamten motivieren, die jedes Wochenende in den Stadien bei Fußballspielen im Einsatz sind, Überstunden schieben, aber andererseits genau wissen, dass sogar mittelmäßige Kicker Millionen von den Vereinen kassieren?

Auch die Polizistinnen und Polizisten haben Familien und würden gern ein freies Wochenende haben, vielleicht sogar im Stadion. Die 18 NRW-Einsatzhundertschaften wenden 30 Prozent ihrer Einsatzzeit bei Fußballspielen auf. Allein beim Ruhrderby zwischen Dortmund und Schalke waren 1.200 Polizisten eingesetzt. Die Polizei  leistete bundesweit fast 1,9 Millionen Einsatzstunden, um Gewalt in und um die Stadien frühzeitig zu unterbinden und Straftäter konsequent zu verfolgen.

Dieser  Aufwand ist niemandem mehr zu vermitteln. Unser Ziel ist es deshalb, dass weniger Polizisten bei Fußballspielen eingesetzt werden müssen. Da sind auch DFB, DFL und die Vereine gefordert. Sie müssen für bessere Einlasskontrollen und gut qualifiziertes Sicherheitspersonal sorgen. Selbstverständlich gehören die friedlichen Fans mit ins Boot. Man muss mit ihnen und nicht über sie reden. In NRW setzen wir uns deshalb mit allen Beteiligten an einen Tisch. Wir brauchen diesen Dialog, um den Krawallmachern und Schlägern die rote Karte zu zeigen.

Frage 3: Gibt es seitens der Polizei und anderer Sicherheitsbehörden in unserem Land überhaupt ein spezifisches Profil der Krawallmacher in den Stadien? Was sind das nach Erkenntnissen Ihres Hauses eigentlich für Leute?

Fußball ist bei uns der Volkssport Nummer eins mit jährlich rund 18 Millionen Zuschauern in den Stadien. Die Fans  kommen aus allen Teilen der Gesellschaft, vom Schüler und Studenten bis zum Firmenchef. Die Szene ist sehr heterogen mit einer Vielzahl unterschiedlichster Gruppierungen. Es gibt nicht den typischen Fan oder den typischen Krawallmacher. Genauso wenig gibt es den typischen Ultra. Und auch nicht alle Ultras sind gewalttätige Pyromanen. Man muss genau hinschauen. Die szenekundigen Polizisten schätzen, dass etwa 4.000 Anhänger der NRW-Vereine der ersten vier Ligen gewaltbereit sind. Bundesweit sind es nach Angaben der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze etwa 17.000.

Die Fragen stellte Rolf Tophoven, Direktor des IFTUS – Institut für Krisenprävention.

Quellenangaben
Titelbild: Rolf Tophoven

Rolf Tophoven
Rolf Tophoven leitet das Institut für Krisenprävention (IFTUS) in Essen, früher Institut für Terrorismusforschung und Sicherheitspolitik. Schwerpunkt seiner journalistischen und wissenschaftlichen Tätigkeit sind der Nahostkonflikt sowie der nationale, internationale und islamistische Terrorismus. Kontakt: E-Mail: info@iftus.de
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