Message in a Bot!

Message in a Bot!

Aus der guten alten Post in der Flasche sind heute Postings in sozialen Netzwerken geworden – viele davon verfasst von Maschinen: Den sogenannten Bots (Kurzform von Robots). Für die einen ist dies ganz schlicht der nächste logische Entwicklungsschritt in der automatisierten Kommunikation – für die anderen eine ernstzunehmende Gefahr für alle demokratischen Systeme.

Was sind Bots?
Bots sind Computerprogramme, die selbstständig mit den Nutzern interagieren. Viele von diesen Programmen sind heute bereits im Einsatz, um häufig gestellte Fragen von Kunden zu beantworten und mit diesen via Chat zu kommunizieren. Dazu zählen beispielsweise die Chatbots, die innerhalb der Facebook Messenger App programmiert und veröffentlicht werden können. Aktuell handelt es sich dabei in erster Linie um noch stark schlüsselwort- und regelbasierte Programme, welche sich aber hin zu selbstlernenden Systemen entwickeln, die permanent die Aktionen und Reaktionen der Nutzer speichern und auswerten. Ziel ist es, durch Deep Learning und neuronale Vernetzung anhand der verfügbaren Informationen die bestmögliche Lösung auch für komplexere Probleme zu finden und täuschend echt die Kommunikation mit einem realen Menschen zu simulieren. Hier sprechen wir von intelligenten Softwareagenten, die in der Lage sind, autonom zu handeln, mit anderen Agenten zu kommunizieren und proaktiv Aktionen auszuführen.

Social Bots sind – wie der Name schon sagt – auf den sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook, Instagram, Google Plus oder Youtube aktiv und füllen dort automatisiert die Kommentarspalten mit zuvor definierten Botschaften. Sie liken, posten, retweeten, folgen und entfolgen anderen Nutzern und werten den permanenten Strom der Informationen aus, um ihre Nachrichten subversiv in den laufenden Diskurs einzubringen – das alles ohne, dass die realen Nutzer merken, dass sie es hier mit einer Maschine zu tun haben.

Das simuliert Interesse
Wie sinnvoll eine Meldung ist, fällt im unüberschaubaren Gewimmel der schlichten Nachrichten und sozialen Bedeutungslosigkeiten oft gar nicht auf. Ein #Hashtag, der hundertausendfach verbreitet wird, katapultiert ein noch so obskures Thema innerhalb kürzester Zeit an die Spitze der Charts. Quantität gibt Aufmerksamkeit – ganz so, wie gesellschaftliche Gruppen sie brauchen. Politik, Presse und Öffentlichkeit reagieren vorhersehbar immer nach dem gleichen Muster: Was stimmt, bestimmt in den sozialen Netzen allein die Stimmung. Mehrheit statt Wahrheit.

Bot or not?
Wie erkennt man eigentlich, ob es sich bei einem Social Media Account um einen programmierten digitalen Mitläufer handelt, oder ob hier tatsächlich ein richtiger Mensch dahintersteckt? Es gibt einige Indizien, die Sie skeptisch machen sollten: Kennen Sie den Accountinhaber nicht und sehen seine Follower und Freunde eher aus wie „digitale Zombies“ als richtige Menschen, ist generell Vorsicht geboten. Auch wenn es nur ein Thema gibt über den der Account bereits tausendfach geschrieben hat und die Postings sowie die Nutzerbeschreibung teilweise dadaistische Züge haben, liegt es nahe, dass es sich um ein automatisiert erstelltes und befülltes Profil handelt. Gerade die massive Häufigkeit der Kommentare, Posts und Likes und die Reaktionsgeschwindigkeit sind zudem untrügliche Indikatoren für programmierte Fake-News-Schleudern.

Wir leben im botsfaktischen Zeitalter
In botsfaktischen Zeiten geht es nicht um den Austausch von Argumenten, sondern um ferngesteuerte Emotionen. Die Botschaft ist künstlicher Affekt. Gute-Laune-Programme greifen auf, was interessiert, um schlechte Stimmung zu machen. Dass Bots nahezu unerkannt wie User im digitalen Gewühl agieren können, sagt viel über den qualitativen Stand unserer Kommunikation im Netz aus: So groß ist die Herde der elektrischen Schafe, dass kaum mehr zwischen lebendigem Posting und totem Posten unterschieden werden kann. Aber das hat auch etwas Gutes: Wir können uns gänzlich aus den Sozialen Medien zurückziehen, ohne dass dort die Kommunikation erstirbt.

Bildnachweis: Fotolia_138190153: (© Tatiana Shepeleva / Fotolia)

Christian Scherg
Christian Scherg ist Geschäftsführer der 2007 von ihm gegründeten REVOLVERMÄNNER® GmbH.
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