CTC – 2023 bei der GSG 9

CTC – 2023 bei der GSG 9

Drohnen surren in der Luft, Motorradfahrer schießen mit ihren Maschinen über eine Rampe und landen punktgenau, Fallschirmspringer dirigierten ihre Schirme mit den Flaggen diverser Länder präzise in die Landungszone, Helikopter donnern über das Gelände und am Ende kracht, blitzt und raucht es gewaltig vom Dach ihrer Unterkunft. Mit einer spektakulären Schau verabschiedete Deutschlands legendäre Antiterroreinheit, die GSG 9, die Teilnehmer der 14. CTC (Combat Team Conference).

IFTUS Direktor Rolf Tophoven war exklusiv für den Security Explorer dabei.

Nach dem eindrucksvollen Schlussakkord wurden die Pokale verteilt. Dazu hatten ca. 400 Männer (Frauen nahmen am Wettbewerb nicht teil) im Karree Aufstellung genommen. Die CTC ist der seit 1983 zuletzt im Vier-Jahres-Rhythmus ausgetragene Wettkampf nationaler und internationaler Spezialeinheiten, zumeist von Polizei-, aber auch von Militäreinheiten. Ausrichter ist stets die GSGS.

Vier Tage lang kämpften, rannten, schwammen, schossen und schwitzten die Männer, jeweils in 5er Teams an insgesamt 10 verschiedenen Übungsstationen. 46 Mannschaften, ca. 20 aus dem Ausland gingen an den Start. Die Weitestgereisten kamen aus Asien (Singapur), Afrika (Tunesien) und aus den USA.

Der Parcours, den Spezialisten der GSG 9 (nehmen selbst nicht teil) aufgebaut hatten, verriet unterschiedliche „Raffinessen“ und Können. Es ging um Kraft, Schießpräzision, taktisches Verhalten sowie Umsetzen und Lösen von Aufgaben mittels Know-how und Intelligenz. Also Körper und Geist waren gefordert.

Alle Teilnehmer stehen in ihren Ländern im Kampf gegen Terroristen, Kriminelle, Rocker, Reichsbürger oder Schleuserbanden. Die SEKs der Bundesländer, oder das MEK des BKA, die GSG 9 bei uns, die Cobra-Einheit zum Beispiel in Österreich oder das FBI – Hostage Rescue Team in den USA. Mit diesem Team ist Joshua J. aus dem FBI-Hauptquartier in Quantico zum CTC nach Hangelar gekommen. Er fasst zusammen: „Wir sind gerne hier. Haben eine besondere Freundschaft zur GSG 9 entwickelt, sind in ständigem Austausch über Einsätze und Krisenlagen. Nur im Verbund der Polizeikräfte weltweit sind wir in der Lage, Gefahren wie den Terrorismus erfolgreich zu bekämpfen. Wir brauchen heute mehr denn je ein internationales Netzwerk von Spezialisten, wie jene Männer, die hier bei der CTC zusammenkommen, und die in der Praxis für unser aller Sicherheit und Freiheit einstehen und kämpfen!“

CTC – 2023 bei der GSG 9

Internationale Kontakte haben sie bei der GSG 9 seit den Tagen von deren Gründer Ulrich Wegener immer favorisiert und gepflegt. Der Verband hat sich stets in führenden Rollen beim ATLAS-Verbund eingebracht – das ist der Kooperationsverbund europäischer Spezialeinheiten, der nach dem 11. September 2001 gegründet wurde. Jährliche Übungen und Workshops prägen die Arbeit der Mitglieder und vertiefen die Kontakte untereinander. Wie hoch die CTC auch international bewertet wird, dokumentierte der Vizepräsident der ATLAS-Vereinigung als er über die CTC von einer Art „Olympiade der Spezialeinheiten“ sprach. Und wie bei olympischen Spielen will bei der CTC 2023 auch jedes Team gewinnen. So auch diesmal. Es gab Platzierungen für das beste nationale, internationale Team und den Lorbeer für den Gesamtsieger nach Addition aller Punkte nach 10 Übungen.

Zwar geht es primär um den Sieg, aber das allein prägt nicht die Idee der CTC. GSG-9-Kommandeur Jerome Fuchs erklärt: „Natürlich will jedes Team gewinnen und arbeitet hart dafür, wie bei jedem Wettkampf, aber darum geht es nicht nur – noch wichtiger ist das Zusammenkommen der Teams, die Kameradschaft untereinander und der Erfahrungsaustausch über Vorgehen und Praktiken im Einsatz. Es geht nicht darum, wer hat die beste Spezialeinheit des Bundes, der Länder oder international, denn jede Einheit hat ihre besonderen Fähigkeiten und ihr Know-how - keiner kann alles!“, und mit Blick auf den Ukraine-Krieg fügt er hinzu: „Seit anderthalb Jahren hat sich die Welt verändert. Umso mehr ist es wichtig, dass wir hier mit Freunden und Fachleuten zusammenkommen im Wissen, wofür wir einstehen!“

Die Abschlussübung erforderte mit Laufen, Schießen, Schwimmen und Schwitzen nochmals den ganzen Mann. Und als das Siegerteam bei dieser Station, die Mannschaft der österreichischen Spezialeinheit „Cobra“, die Ziellinie durchlief, wurde das Team – wie alle anderen übrigens auch – durch den massiven Strahl der Wasserwerfer der Bundespolizei „begrüßt“. Mit dieser Schlusseinlage endete die viertägige Hitzeschlacht bei der CTC 2023.

Olaf Lindner, selbst einmal Kommandeur der GSG 9 und heute Präsident der Bundespolizeidirektion D11 in Berlin und verantwortlich für alle Spezialeinheiten der Bundespolizei, stellte zusammenfassend fest: „Die CTC ist in ihrer Art ein einzigartiges Treffen nationaler und internationaler Spezialeinheiten von Polizei und Militär! Ich bekomme Anerkennung und Anfragen zwecks Teilnahme aus der ganzen Welt. Hier geht es nicht nur um den Sieg in diesem Wettkampf, es geht um Professionalität, man lernt sich kennen und weiß schließlich, dass man sich bei Bedrohungslagen auf den Partner verlassen kann!“

Wie sehr die „Aktie“-CTC an der „Börse“ für berufliche und persönliche Kontakte unter Spezialeinheiten über nationale Grenzen hinweg boomt, zeigte die Teilnahme von zwei tunesischen Mannschaften bei der CTC 2023. Angesichts der zunehmenden Gewalt und der Eskalation des Terrors durch militante Islamisten auf dem afrikanischen Kontinent sind dortige Spezialeinheiten und deren Kontakte zu befreundeten Einheiten ein Desiderat.

Einen Gesamtsieger des CTC 2023 gab es natürlich auch. Das Team „Enzian“ aus der Schweiz stemmte den Siegerpokal in die Höhe! Nach dem Jubel des Siegerteams schloss die CTC 2023 mit einer bewegenden Szene: GSG-9-Chef Jerome Fuchs verbeugte sich vor den Kameraden der angetretenen Einheiten. Für ihn, der 2014 die GSG 9 übernahm, ist es die dritte und letzte CTC; er wird demnächst andere Führungsaufgaben bei der Bundespolizei übernehmen.

Die Veranstaltung wurde publizistisch klein gehalten. Einer der wenigen Beobachter war Rolf Tophoven, exklusiv für IFTUS.

Quellenangaben
Drohnen: Bild von MaVeRa – stock.adobe.com
Polizeihelikopter: Bild von Ralf Wunder – stock.adobe.com

Rolf Tophoven
Rolf Tophoven leitet das Institut für Krisenprävention (IFTUS) in Essen, früher Institut für Terrorismusforschung und Sicherheitspolitik. Schwerpunkt seiner journalistischen und wissenschaftlichen Tätigkeit sind der Nahostkonflikt sowie der nationale, internationale und islamistische Terrorismus. Kontakt: E-Mail: info@iftus.de
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